Gesellschaftliche Bedeutung

Die gesellschaftliche Bedeutung des Wohneigentums

Umfragen bestätigen immer wieder den weit verbreiteten Wunsch nach Wohneigentum: Vier von fünf deutschen Mietern möchten diesen re­prä­sen­ta­ti­ven Erhebungen zufolge am liebsten in einem eigenen Heim wohnen. Den Wunsch erfüllen können sich aber nur zwei von fünf Deutschen.

Von denen, die bereits Wohneigentum besitzen, haben nach den letzten dazu verfügbaren statistischen Zahlen 43 % selbst gebaut, 30 % gekauft, 22 % geerbt, 4 % geschenkt erhalten und 2 % als Nutzungsberechtigte in Besitz. Der weitaus größte Teil der Wohneigentümer war und ist also bereit, hohe finanzielle und persönliche Belastungen zur Erfüllung seines Wunsches nach den „eigenen vier Wänden" auf sich zu nehmen.

Die Wohneigentumsquote liegt in Deutschland mit 42,3 % jedoch deutlich niedriger als in den meisten anderen Staaten Europas. Beim Vergleich mit diesen Staaten darf man aber die dort verfügbaren Flächen und die vor­herr­schen­de Wirtschaftsstruktur nicht unbeachtet lassen. Deutschland ist nach wie vor ein bedeutender Industriestandort mit erheblicher Be­völ­ke­rungs­be­we­gung und hohem Verdichtungsgrad. Für einen solchen ist die erreichte Eigentumsquote beachtenswert. Gleichwohl sollte man das Ziel, sie min­des­tens auf 50 % anzuheben, nicht aus dem Auge verlieren.

Denn das selbst genutzte Wohneigentum hat einen hohen sozialpolitischen Wert. Wir alle wissen, wie wichtig Wohnung und Wohnumfeld für die Men­schen und besonders für die Familien sind. Die Lebensqualität familiären Lebens wird weitgehend von dem zur Verfügung stehenden Wohnraum bestimmt. In der Wohnung findet die Familie zusammen, hier wird gegessen, gespielt, geschlafen; hier ist der Mittelpunkt familiären Geschehens. Hier ist auch der Ausgangspunkt für das berufliche und ehrenamtliche Engagement der Eltern, hier finden Vater und Mutter ihren Rückzugs und Erholungsraum nach einem anstrengenden Arbeitstag. Hier ergeben sich die ersten freundschaftlichen Bindungen der Kinder, sie erleben von dort aus ihre Heimat. Die Wohnung und das Wohnumfeld sind trotz unserer sehr mobilen Gesellschaft Grundstein für dauerhafte Bindungen.


Die beste Form der Wohnungsversorgung für Familien

Das Wohneigentum gewährt ein Mehr an Unabhängigkeit und in hohem Maß auch wirtschaftliche Sicherheit. Wer sein eigenes Haus oder eine Ei­gen­tums­woh­nung bewohnt, braucht den Verlust seiner Wohnung durch Kündigung nicht zu fürchten. Er muss sich auch keine Gedanken darüber machen, ob die fälligen Modernisierungen für ihn zur Unzeit erfolgen oder nicht. Sorgen, die sich die Mieter machen, wenn Wohnungen eines bisherigen Miet­wohn­ge­bäu­des in Eigentumswohnungen umgewandelt und verkauft werden, liegen dem Eigentümer fern. Und der Ärger über die jährliche Mieterhöhung bleibt dem Wohneigentümer auch erspart.

Wir sind uns sicher einig, dass das eigene Haus die beste Form der Woh­nungs­ver­sor­gung für Familien ist. Wo kann sich das Familienleben un­ge­stör­ter entwickeln, wo gibt es ein kinderfreundlicheres Umfeld als im Fa­mi­lien­heim? Wer je den Ärger erboster Mitmieter unter oder neben der eigenen Wohnung in einer Wohnanlage aushalten musste, weiß, wovon die Rede ist. Auch liegt die Vermutung nahe, dass der Wunsch nach Kindern durch die Aussicht auf allzu enges Wohnen und auf andauerndes Rücksichtnehmen müssen eher gebremst wird.

Das Eigenheim bietet dagegen eine andere, eine bessere Wohnqualität und damit auch ein Stück persönliche Freiheit. Dies kommt nicht zuletzt in der auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmten Planung und Gestaltung vieler Eigenheime zum Ausdruck. Im Familienheim kann zudem, wenn es gekonnt gebaut ist, das Zusammenleben mehrerer Generationen der Familie gut gelöst werden.

Die Wohnbedürfnisse sind recht unterschiedlich. Erwachsene finden sich mit so manchem vorgegebenen Wohnungszuschnitt ab, können Kompromisse beim Wohnen und bei der Wohnqualität eingehen. Kinder aber brauchen Platz zum Schlafen, zum Spielen und Toben, für Schularbeiten, als Rückzugsfläche. Aber haben sie den dazu benötigten Platz auch? Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang einige Zahlen aus der Statistik: Während die Haus­hal­te mit zwei Kindern in den alten Ländern im September 1993, zum Zeit­punkt der letzten statistischen Wohnungsstichprobe, in Mietwohnungen im Durchschnitt 91,3 m² Wohnfläche hatten, standen einer gleich großen Familie im eigenen Heim 132,5 m² zur Verfügung. Noch deutlicher ist der Unterschied bei Familien mit drei Kindern. 101,9 m² für eine Fünf-Personen-Familie in Miet­woh­nun­gen, 143,7 m² für solche unter dem eigenen Dach. Kinder in Eigenheimen haben also rein statistisch gesehen mehr Platz für ihre Be­dürf­nis­se als ihre Altersgenossen in Mietwohnungen.

Der Eigentümer von Wohnraum genießt zudem zumindest langfristig betrachtet handfeste wirtschaftliche Vorteile:
Zwar sind in den allermeisten Fällen die finanziellen Belastungen bei der Wohneigentumsbildung am Anfang erheblich höher als die Belastungen durch eine Miete. Sind aber die "großen" Hypothekendarlehen erst einmal getilgt, liegt die monatliche Belastung für die Kosten des Wohnens beim Wohneigentümer deutlich unter den Kosten des Mieters. Langfristige Berechnungen zeigen außerdem, dass eine Miete von monatlich 500 Euro sich im Laufe von 30 Jahren, bei Mietsteigerungen von 4 % je Jahr, auf rund 300 Tausend Euro summiert. Für den Mieter ist diese Summe Geld nach den Erhebungen der amtlichen Statistik verschlingen die Ausgaben für Miete 20 bis 25 % des monatlichen Haushaltsbudgets ausgegeben. Für den Eigentümer hat der Einsatz des Geldes jedoch sichtbar Werte geschaffen: Wohnwert und Eigentum.


Vermögensbildung

Das lenkt unseren Blick auf einen weiteren, wichtigen gesellschaftlichen Belang des Wohneigentums, die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand. Vermögen wird in keiner anderen Form so unmittelbar erlebt wie in der des Wohneigentums. Entsprechend groß ist die Bereitschaft, für Wohneigentum ganz erhebliche Belastungen auf sich zu nehmen. Wer ein eigenes Haus und Grund erwirbt, setzt im statistischen Mittel immerhin rund acht Brut­to­jah­res­ver­diens­te (Durchschnittseinkommen) ein und wendet anfänglich im Schnitt etwa ein Drittel seines monatlichen Nettohaushaltseinkommens für die Finanzierung auf. Diese Einsatzbereitschaft zu fördern und zu unterstützen, liegt im gesellschaftspolitischen Interesse. Deshalb hilft der Staat seinen Bürgern beim Ansparen des für den Immobilienerwerb notwendigen Ei­gen­ka­pi­tals mit der staatlichen Bausparprämie und der Arbeitnehmersparzulage. Breit gestreutes Eigentum stärkt die Verantwortungsbereitschaft der Bürger und entspricht unserer freiheitlichdemokratischen Wirtschafts- und Ge­sell­schafts­ord­nung. Dazu erfolgt diese Vermögensbildung in weitgehend vor Inflation geschützten Sachwerten.

Dieses Immobilienvermögen trägt zur persönlichen Zukunftssicherung bei. Bei der individuellen Lebensplanung bietet die eigene Wohnung oder das eigene Haus Bezugspunkt und Sicherheit. Mietfreies Wohnen im Alter entlastet zudem das Haushaltsbudget. Der geldwerte Vorteil macht bei im Eigentum lebenden Seniorenhaushalten durchschnittlich rund 20 % des Nettoeinkommens aus. Der Vorteil im Vergleich zu Mieterhaushalten durch wesentlich geringere Belastungen ist offensichtlich. Wohneigentum ergänzt also wirksam die Altersvorsorge.


Wichtige Säule der Altersvorsorge

Wohneigentum entwickelte sich daher in der letzten Jahren nicht von ungefähr zu einer wichtigen Säule der privaten Altersvorsorge. Mehr als zwei Drittel halten die Wohneigentumsbildung für die beste Form der Al­ters­vor­sor­ge. Lebensversicherungen, Spareinlagen, Aktien und Fonds können da nach Einschätzung der befragten Bevölkerung nicht mithalten. So besitzen knapp 60 % der privaten Haushalte inzwischen zu Beginn des Rentenalters selbst genutztes Wohneigentum.

Es ist aber nicht die ersparte Miete allein. Wohneigentum im Alter bietet auch noch handfeste andere Vorteile, etwa im Hinblick auf altengerechtes Wohnen. Vermieter lassen sich nicht so ohne weiteres zu Umbauten ihrer Wohnungen bewegen, schon gar nicht, wenn es um Speziallösungen für bestimmte Behinderungen geht. Eigentümer haben es dagegen selbst in der Hand, ihre Wohnung und das unmittelbare Wohnumfeld zum Beispiel barrierefrei zu gestalten. Sie können auf ihre Bedürfnisse maßgeschneiderte Lösungen problemlos in ihr Wohneigentum einbauen lassen. Das ermöglicht im Alter einen längeren Verbleib in den eigenen vier Wänden. Das ist auch sozialpolitisch von nicht zu unterschätzender Bedeutung, werden doch so die über die Maßen strapazierten Pflege und Sozialkassen nicht unerheblich von stationären Pflegekosten und teuerer Heimunterbringung entlastet.

Das eigene Haus oder die eigene Wohnung sind für viele ihrer Bewohner aber weit mehr als nur nützliche Sachwerte. Das eigene Haus ist die Bindung an die Heimat. Für viele Menschen verkörpert ihr Familienheim darüber hinaus ein bleibendes Lebenswerk. Dies zeigt sich insbesondere, wenn in Familien im Laufe eines Lebens das Wohneigentum weitergegeben oder vererbt wird. Es schwingt dabei viel mehr mit als nur der bloße Eigentumsübergang von Haus und Grund.


Die Wohneigentumsförderung bleibt wichtig

Nach wie vor ist es aber vielen Haushalten aufgrund ihrer Einkommens und Vermögensverhältnisse unmöglich, Wohneigentum ohne staatliche Hilfe zu bilden.

Ist es nicht auch so, dass die niedrige Geburtenrate in den deutschen Fa­mi­lien nach einer wirksamen Familienförderung verlangt? Familiengerechter Wohnraum soll doch schließlich dann zur Verfügung stehen, wenn die Kinder noch klein sind und der Wohnraumbedarf der Familie anwächst, statt zu einem Zeitpunkt, wenn nach allzu langer AnsparPhase zwar die Kasse stimmt, die günstigste Zeit, Kinder in die Welt zu setzen, jedoch verstrichen ist oder die Kinder bereits schon langsam aus dem Hause gehen. Um hier wirksame Hilfe zu leisten, wird in vielen Ländern in der Bundesrepublik Deutschland die Wohneigentumsbildung mit im Zins vergünstigten Ka­pi­tal­markt­dar­le­hen oder staatlichen Baudarlehen gefördert. Der Wohn­ei­gen­tums­er­werb muss dabei durchaus nicht durch Neubau auf der grünen Wiese erfolgen. Erwerb bestehenden Wohnraums oder Neubau auf in­ner­städtischen Konversionsflächen sind die Alternativen dazu, die auch mehr und mehr genutzt werden.

Viele Haushalte an der Schwelle zur Wohneigentumsbildung unterstützte der Staat zur Bildung von Wohneigentum aber nicht nur mit Finanzhilfen. Gerade den einkommensschwächeren Haushalten haben seit Mitte der neunziger Jahre die Steuervergünstigungen nach dem Eigenheimzulagengesetz den Weg zur Wohneigentumsbildung geebnet.

Wohneigentum und Wohneigentumsbildung sind über ihre familien und vermögenspolitische Bedeutung hinaus noch wichtig für die Bauwirtschaft und für den gesamten Wohnungsmarkt.

Dass es aufgrund der demografischen Entwicklung in Deutschland zu einer rückläufigen Nachfrage nach Wohnraum, speziell bei Ein- und Zwei­fa­mi­lien­häu­sern kommen werde, ist jedenfalls mittelfristig nicht ganz richtig. In den nächsten zehn Jahren nehmen vielerorts nicht nur die Bevölkerungszahl, sondern deutlich höher auch die Zahl der Haushalte weiter zu. Spürbar wird der demographische Wandel allerdings in peripheren und strukturschwachen Räumen, wo Abwanderungstendenzen junger Leute Preis und Nachfrage dämpfend wirken.


Eine Säule der Wohnungsbaukonjunktur

Jedoch überall dort, wo immer noch nicht genug Wohnraum für die Haus­hal­te zur Verfügung steht – vor allem in den Ballungsräumen der alten Länder –, entlastet die Ausweitung des Wohnungsbestandes durch Wohneigentum den Wohnungsmarkt. In vielen Fällen macht der neue Wohneigentümer eine Mietwohnung frei, die auf dem Wege von Umzugsketten zu einer besseren Versorgung von einkommensschwächeren Haushalten beiträgt. Der Neubau im Eigentumsbereich leistet mithin einen erheblichen, wenn nicht sogar entscheidenden Beitrag dazu, die "Verstopfung" einzelner Marktsegmente zu vermeiden und die Wohnungsmärkte in Bewegung zu halten.

Eine weitere gesellschaftspolitische Bedeutung erhält das Wohneigentum unabhängig davon aus dem Umstand, dass wir aufgrund der absehbaren demographischen Entwicklung auf ein bestimmtes Maß an Zuwanderung angewiesen sein werden. Schon heute wurden zahlreiche Bürgerinnen und Bürger nicht in Deutschland geboren, haben einen Migrationhintergrund. Wenn diese Menschen Eigentum erwerben, fördert das in besonderer Weise die Integration. Wer von den Zuwanderern bei uns Wohneigentum bildet zeigt nicht nur, dass er unsere Regeln anzunehmen bereit ist und sich einfügen will, die Wohneigentümer wollen in aller Regel auch friedlich mit ihren Nachbarn zusammenleben. Aus gesellschaftlicher Sicht wirkt der Wohn­ei­gen­tums­er­werb dabei vorteilhaft, dass die Gefahr sozialer Problemlagen sinkt.

Gerade in der aktuell wirtschaftlich schweren Zeit für die Bauwirtschaft erweist sich die Bautätigkeit im Wohneigentumssektor als eine Säule der Wohnungsbaukonjunktur. In den letzten Jahren entfiel jeweils deutlich über die Hälfte der Wohnungsbautätigkeit auf den Bau von Ein- und Zwei­fa­mi­lien­häu­sern. Und während die Zahlen der Baugenehmigungen für Wohnungen seit Mitte der neunziger Jahre insgesamt fallen, waren die Zahlen der Wohnungsbaugenehmigungen für Einfamilienhäuser jedenfalls bis 2003 stabilisierender Faktor. Die Wohneigentumsbildung trug insofern zu einer gleichmäßigeren Auslastung vorhandener Baukapazitäten bei und sicherte damit Arbeitsplätze. Die Möbelbranche, Innenausstatter und andere sind sekundäre und tertiäre Sektoren, die von dieser Wohneigentumsbildung leben.

Die gesellschaftliche Bedeutung des Wohneigentums steht außer Frage. Auch in Zukunft wird der Bau und Erwerb von Familieneigenheimen und Eigentumswohnungen möglich und zur Wohnungsversorgung nötig sein, viele werden sich den Wunsch nach den "eigenen vier Wänden" erfüllen. Aber die Zeichen der Zeit sprechen dafür, dass Wohneigentumsbildung künftig noch mehr als in der Vergangenheit Flächen schonend, etwa auf in­ner­städtischen Konversionsflächen, ökologisch und Kosten sparend erfolgen muss. Das Ausnutzen der Sparmöglichkeiten beim Bau durch Serien und Vorfertigung oder die Verwendung preisgünstiger Baustoffe ebnen ins­be­son­de­re dem Bauherrn mit mittlerem Einkommen den Weg zum Wohneigentum.

Prof. Dr. Dieter Gutekunst